Mein grauer Engel

Knödeltante001 (Photo: Rheinische Post)

Ich nenne dich meinen grauen Engel, flatterhafter Geist der Ordnung und Sauberkeit.

Wie nennt man dich noch, hier in diesem irdischen Jammertal? Angelika? Oder Birgit? Vielleicht lebst du dein Leben jenseits der Straße eher in Bescheidenheit, Quadratur und der einen oder anderen Traurigkeit als in Saus und Braus, aber du könntest! Stehst dann morgens auf, noch bevor sich der erste Hahn gerührt hat, schnell weg von dem Fernseher, vor dem du tags zuvor eingeschlafen bist, und bist an der Stempeluhr vor allen anderen. Den Faulen. Den Nachlässigen. Und hinaus, die Welt von Irrungen und Wirrungen und diesem widerlichen Chaos beseitigen, was sie pausenlos hervorbringt. Schief stehende Zäune, Autos und Zähne – du richtest. Zu laut, zu viel, zu schnell – du rückst zurecht, stutzt hier, berichtigst unaufgeregt dort. Menschen, Tiere, ihre Hervorbringungen und Überreste, dir ist alles gleich, du bringst finale Gerechtigkeit. Du bist die Heilung, nach der keiner zu verlangen wagt. Tag für Tag, Woche für Woche. Wenn du am Nachmittag zurückkehrst vor deinen Fernseher, dauert es dich, nicht alles geschafft zu haben, du wirst morgen deine Mühen steigern und dich aufreiben, bis endlich, irgendwann endlich Ruhe einkehrt und es gut ist.

Ich sehe dich an wie durch eine Kamera und frage mich, was da in deinem Gesicht steht. Liebe? Güte? Etwas ganz anderes, etwas, für das Worte fehlen?

Henry nennt dich die Knödeltante. Henrys Opa nennt dich Knöllchenf****. Ich nenne dich meinen grauen Engel, Königin der Straße. Wie du wohl wirklich heißt? Deine Visitenkarte ist verschwiegen. Und du schon wieder vor jemand anderes Tür, um dort hilfsbereit den Dreck zu kehren.

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